Dienstag, 27. Januar 2015

Woher kommt die Faszination?

Vor vielen Jahren stand ich als kleiner Knirps das erste Mal vor einem Zug. Ich musste nicht lange überlegen, ich wusste: Lokführer ist mein Traumberuf. Später fahre ich Züge.
Und dieser Berufswunsch hat bis heute angehalten, weswegen ich gerade diese Ausbildung bei der Deutschen Bahn mache.

Bei mir hat es im Kindesalter Klick gemacht: und ich hatte nur diesen einen großen Traum. Viele andere Kinder waren ebenso beeindruckt von den Loks und Wagen im Bahnhof - mit zunehmendem Alter gehen die meisten aber andere Wege. Arzt, Pilot, Mediendesigner: alles scheint spannender zu sein. 

Nahezu meine gesamte Schulzeit lang wurde ich für meinen Berufswunsch belächelt.
"Du machst Abitur, du musst doch studieren!", haben sie gesagt. "Das hat doch keine Zukunft", haben sie gesagt. Kaum einer meiner Klassenkameraden konnte die Faszination, die ich für jede Art von Zügen empfinde, mit mir teilen. Ständig musste ich mich rechtfertigen, und meinen Traumberuf vor den niederschmetternden Kommentaren besserwissender Mitschüler verteidigen.

Das hat meinen Willen nur gestärkt. 

Mit dem Beginn meiner Ausbildung habe ich viele neue Menschen kennengelernt. Viele Leute, die ebenfalls seit Jahren die selbe Leidenschaft haben wie ich: Züge. Nicht mehr und nicht weniger.
Endlich konnte ich mir sicher sein, dass ich nicht der einzige bin, der so tickt.

Auf einmal hatte ich es mit zwanzig Leuten zu tun, die ebenso gerne am Gleis stehen und vorbeifahrendes Rollmaterial fotografieren und bestaunen, wie ich es schon Jahre zuvor getan habe - alleine.
Da sind Leute, mit denen ich fachsimpeln kann, von denen ich noch etwas lernen kann. Ich dachte ich wusste eine Menge über die Eisenbahn: weit gefehlt!

Viele Menschen fragen sich, wie man sich für so etwas banales, so etwas gebräuchliches, überhaupt begeistern kann. Ich sage es euch!

Es ist die Power. Die Power die eine Lok hat, mit der sie Tonnen von Gütern durch die Welt zieht.
Es ist die Verantwortung. Die Verantwortung über Menschenleben, Wertgegenstände und hochwertige Lasten.
Und es ist die Arbeit an sich. Neue Städte zu erkunden, die Natur zu sehen, sein eigener Herr zu sein...
Das alles sind Gründe dafür, warum ich aus meinem Kindheitstraum Wirklichkeit gemacht habe.

Und viele Gleichgesinnte junge Menschen auch. Es ist nicht nur ein Job. Es ist eine Faszination!

Fahrt in den Tag hinein

Zwei Uhr dreißig. Der Wecker klingelt.
Zwei Uhr vierzig. Der Kaffee plätschert in die Tasse.
Mitten in der Nacht. Meine Kumpels gehen gerade ins Bett, und ich? Ich gehe zur Arbeit.
Warum einen Zug fahren, wenn die ganze Stadt noch schläft?

Ich stülpe mir die am Abend zurechtgelegte Uniform über, packe meine Unterlagen ein, und schmiere mir einige Schnitten. Ein langer Arbeitstag erwartet mich.

Auf den Straßen ist es leer. Unterwegs zum Bahnhof begegne ich weder einem Auto, noch einem Fußgänger.

Der Kollege hat den Triebwagen vorbereitet, jetzt warte ich auf meinen Ausbildungslokführer, dann geht es los. Er kommt um kurz nach vier Uhr aus der Meldestelle geschlendert, begrüßt mich mit: “Junge setz dich in den Zug, du holst dir hier draußen doch den Tod!”
Wir kannten uns schon, sind schon vorher eine Schicht zusammen gefahren.

Der Zug setzt sich in Bewegung. Ob Fahrgäste an Bord sind? Wir wissen es nicht. Im Führerstand bekommen wir von Ihnen doch kaum etwas mit.
Auf dem Weg Richtung Leipzig füllt sich der Zug, die Sitzplätze reichen kaum mehr aus. In Leipzig haben wir keine zehn Minuten Zeit, um den Zug zu wenden. Stress. Hektik. Reisende mit wichtigen Fragen. Gedränge im Zug und auf dem Bahnsteig. Alles geht so schnell.

Schon sind wir wieder auf dem Weg in Richtung Heimat. Keine Pause. Einfach nur fahren. Hin und zurück. Mehr wird heute nicht getan.
Um neun Uhr morgens wünschten wir uns einen schönen Feierabend, für heute ist die Arbeit getan.
Auf dem Weg nach Hause begegne ich gehetzten Passanten, die sich zu ihrem Job begeben.
Und ich gehe nach Hause und Ruhe mich aus.